imtakt --- Konzert für Cembalo und Band
(Vorwort zu op. 5)
Markus Lepper, Juli 2010



1          Intentionen
1.1          Das intendierte Total
1.2          Das Total der Klangsynthese
1.3          Die "Themen" des Werkes
1.3.1          Thema Eins: Fabrik und Faktur
1.3.2          Thema Zwei: Das Instrument selbst
1.4          Thema Drei: Das Fünfte Brandenburgische
2          Zur Aufführung
2.1          Bühnenaufbau und Elektronik
2.2          Das Cembalo
2.2.1          Verstärkung
2.3          Die Band-Einspielungen, ihre Synchronisierung und ihre Pegelung
2.4          Video
3          Anmerkungen zu den einzelnen Sätzen und Einspielungen
3.1          Erster Satz
         Bibliographie

^Inh 1 Intentionen

^Inh 1.1 Das intendierte Total

"imtakt --- Konzert für Cembalo und Band" ist ein Werk in der Tradition der großen post-seriellen Werke für Instrument und Elektronik, aber auch der Versuch, Begriff und Regeln des klassisch/romantischen Solokonzertes ernstzunehmen auf neue Materialien und Verfahren zu übertragen.

Der Solist bewältigt einen äußerst anspruchsvollen Instrumentalpart, und befindet sich zumeist in verschiedenartigsten Dialog-Situationen mit vorproduziertem Klangmaterial. Dieses besteht einerseits aus längeren Abschnitte eines Vierkanal-Bandes, in deren Zeitstruktur der Interpret sich einfügen muß, andererseits aus vielen kleinen Takes von zwei Zweikanal-Bändern, deren Einsatz er mit Fußschaltern selbst kontrolliert.

"Groß" bedeutet zunächst, aber nicht nur, eine entsprechende horizonale und vertikale Ausdehnung:

  1. Das Werk besteht aus acht(8) attacca aufeinander folgenden (aber meist gut nachvollziehbar von einander abgesetzten) Einzelsätzen,
  2. Es dauert 35 bis 40 Minuten.
  3. Es benötigt neben dem Cembalo (und einem hochvirtuosen Interpreten !-) noch drei(3) Bandmaschinen mit interaktiver Steuerung, acht Lautsprecher, Verstärkungs-Mikrophone, voll-flexible Kanalverteilung, interaktive Klangregie und Videoprojektionen.

"Groß" bezeichnet in dieser Tradition aber mehr noch den Anspruch, das Total aller Möglichkeiten zu präsentieren:

  1. Satztechnisch ergeben sich denkbar unterschiedliche Verhältnisse von Soloinstrument zu elektronischen Klängen: Der Solist kann von dem "unerbittlich voranstürmenden" Orchester (denn als ein solches ist die Elektronik streckenweise aufzufassen!) gnadenlos gehetzt werden und sich in ein auf's Zweiunddreissigstel genau vorgefertigte Raster einpassen müssen.
    --- In anderen Sätzen gilt das andere Extrem: Der Solist hat vollkommene Kontrolle über den Zeitablauf und über die elektronische Schicht: entweder für den Hörer als solche deutlich nachvollziehbar, oder aber scheinbar spontan ihn störend. Zwischen diesen Polen: manchartige Abstufung. Am Ende des Werkes: Unabhängiges Nebeneinander, Emanzipation oder Resignation, Gleichgültigkeit und Trennung.
  2. Dramaturgisch beginnen die ersten Sätzen mit einer klassisch-unhinterfragten Konzertsituation, einschließlich gewohnter Solokadenz. Dann aber leitet der mehr improvisatorisch definierte dritte Satz über in eine echte "Hörspiel-Passage", die den Interpreten gleichsam in eine Mittagspause entläßt. Danach ist die Wiederkehr des Konzertes nur noch mit derart theatralischen Momenten angereichert möglich. Diese steigern sich deutlich, um dann mit Beginn des letzten Satzes vom Zorn des Interpreten abrupt hinweggefegt zu werden, und durch das am Ende des Werkes erstmalig auftretende "reine Virtuosentum" ersetzt, übertroffen und gerechtfertigt zu werden.
  3. Auch in der Klanglichkeit gibt es die unterschiedlichsten Verhältnisse von mechanischer und elektronischer Klangproduktion: (1) Die Elektronik kann den kurz angerissenen Cembalo-Ton "pedalisieren", d.h. zur Fläche verlängern, ihm lyrische Qualität verleihen.
    Oder (2) hundertfünfundzwanzig überlagerte Cembalo-Aufnahmen können zur Klangfläche agglutinieren, oder (3) analoge Klangsynthese kann sich vom spitzigen Ton des Cembalo-Anschlages inspirieren lassen und diesen Charakter noch weiter verschärfen, oder (4) "musique concrète" Techniken können die durch das Instrument angeregten Assoziationen ("reißen", "Draht", "springen") auf ganz andere Materialien ausdehnen und übersteigern, oder sie können, vice versa, (5) aufgezeichnete Cembalo-Signale zu espressiven Portamenti, zu Vogelstimmen oder zu schmerzhafen Rückkopplungen umbiegen.

^Inh 1.2 Das Total der Klangsynthese

Besonders der letzte Punkt verdient Beachtung: Auch die angewandten Techniken der Klangsynthese intendieren nämlich ein Total, --- den totalen Katalog der klanglichen Möglichkeiten des (damaligen) elektronischen Studios.
Entstanden ist das Werk in den Jahren, als der digitale Midi-Standard gerade begann. Dieser wurde folglich hier noch nicht eingesetzt, vielmehr ein Ensemble unterschiedlichster Geräte und Verfahren. Die angewandten strengen kompositorischen Regeln im Sinne der "post-seriellen Darmstädter Tradition" ermöglichen, daß dabei kein Sammelsurium entsteht, sondern jede Maßnahme in einem strengen Raster von "Kontrapunktischer Vertrauschung von Material und Methode" ihren genau definierten und ästhetisch notwendigen Platz einnimmt.

Diese Strenge hat insbesondere die nette, konkrete und gut nachvollziehbare Auswirkung, daß im letzten, dem achten Satz fast alle Materialen aller übrigen Sätze gesamten Werkes einfach übereinandergestülpt werden können, und dennoch alles klar und durchhörbar bleibt!

Im einzelnen waren bei der Produktion der Zuspielbänder beteiligt:

  1. Professioneller Analog-Synthesizer "SynLab" der Berliner Firma Hofschneider,
  2. dieser zumeist gesteuert durch einen digitalen Hochleistungs-Sequencer mit digital berechneten (oder zumindest digital repräsentierten) Partiturdaten.
  3. aber auch analoge Steuerungstechniken, wie das exponentielle Glissando im dritten Satz, welches durch Rückkopplung der Takteinganges dieses digital/hybriden Sequencers mit einem von ihm selbst gesteuerten analogen Sinusgenerators erzeugt wurde.
  4. "musique concrète"-Techniken, die z.B. das Geräusch der schnippenden Scheren statt, wie üblich, auf das Bandmaterial stattdessen auf eine rein instrumental gespielte Trillerkette anwenden, und die aus dem quietschenden Briefkasten vor der Studiotür die Walzen eines Stahlwerks machen.
  5. frühe, noch recht "rauhe" digitale Pitch-Shifter, die in Verbindung mit analoger Band-Transposition ein Time-Stretching realisieren (dritter Satz, erster Teil).
  6. Klassische Tonbandtechniken (Schnitt, Multiplay), die so Gegensätzliches wie gewaltige Maschinenhallen und geflüsterte "secret messages" realisieren.

Ähnlich Vielfalt gilt für den Instrumentalpart:

  1. post-serielle Dispositionen von Tonmaterial und Spielweisen (virtuose Manual-Wechsel im ersten und letzten Satz!)
  2. freie Improvisationen
  3. genauest komponierte Verdichtungsprozesse
  4. musik-theatralische Situationen (Üben / Warmspielen / Ausprobieren, gefolgt von einer Tonaufnahme-Sitzung im Studio mit einem unbarmherzig hetzenden Aufnahmeleiter !-)
  5. mechanische Aspekte von Hand und Instrument werden "musikalisiert": Warmspielen in Terzen wird zum spätromantischen Kanon, Quergreifen über die Manuale wird zur Realiserung des Maschinen-be-griffes, das schnellst- und weitest-mögliche Arpeggio induziert zwangsläufig eine virtuose Registrierungs-Studie.

^Inh 1.3 Die "Themen" des Werkes

^Inh 1.3.1 Thema Eins: Fabrik und Faktur

Typisch für die post-serielle Kompositionsweise, in der der Autor erzogen wurde, ist das Vorgehen, jedem Werk jeweils einen einzigen "außermusikalischen" Gedanken als "zentrale Metapher" zugrunde zu legen. Aus dieser einen sollen dann möglichst alle weiteren Bestimmungen von Material und Verfahren möglichst organisch abgeleitet werden [lepperKompals.]

Im Falle von imtakt ist diese zentrale Metapher das Fließband.

Industrielle Produktion, Einpressung der Bewegungen des Menschleibes in vorgefertigte Raster, Einzwängung seiner Ryhtmen in vorgeschriebene Zeitabläufe, Optimierung von Bewegungen, Mechanisierung des Greifens, --- Hetzen, Abhetzen, Gehetz-Werden, --- Scheitern, Resignieren, Triumphieren, all das wird in den verschiedenen Sätzen systematisch durchgespielt.

Wenn auch der damals so ubiquitäre, unverzichtbar erscheinende Anspruch von "politisch engagierter Musik" sich aus heutiger Perspektive als etwas angestaubter Gestus und als (auch damals schon!) recht naiv und zu kurz gedacht erweist, so funktioniert doch immer noch die im Detail und in der großen Form einheitsstiftende Wirkung eines derart analytischen Ansatzes: Trotz aller Vielfalt in Satztechnik und Klanglichkeit hält das Werk zusammen, rundet sich zuletzt zum Ganzen, und klingt immer noch frisch und interessant.

^Inh 1.3.2 Thema Zwei: Das Instrument selbst

Die Metapher "Fließband" wird jedoch nicht im Sinne der "allerreinsten Lehre" als einziges dem Werk zugrunde gelegt, sondern durch zwei weitere thematische Komplexe ergänzt. Zum zweiten nämlich ist es durchaus in der Tradition der post-seriellen Moderne, das Musikinstrument selbst nicht unhinterfragt einfach zu verwenden. Vielmehr werden in vielen zeitgenössichen Instrumentalkonzerten (1) die physikalischen Gegebenheiten des Instrumentes, und (2) seine historische Funktion und gesellschaftliche Stellung selbst zum Gegenstand (a) bewußter Untersuchung und (b) musikalischer Komposition und De-Komposition.

So auch hier: "Cembalo" ist einerseits das konkrete, klingende Ding dort auf der Bühne, --- ist aber auch die "Nähmaschine", das schlechthinnig Mechanische, das Symbol für den automatischen Webstuhl und sein Zeitgenosse --- ist Metall. ist Ent-Fremdung (Saiten, die nur noch mittels der Mechanik ge-zupft werden), ist programmierbar, ist Beginn moderner Maschinentechnik.

Dies gar zweimal in seiner Geschichte: Zunächst im 17ten Jahrhundert: seine ersten Formen wurden gebaut als die großen Manufakturen aufkamen und die Lochkarten die Webstühle eroberten.
Dann noch einmal zu Beginn des 20ten, als die hier vewendete unhistorische Form entwickelt wurde, und bald darauf mechanische Rechner den "enigma"-Code knackten.

All das An-reißen und Ab-reißen, diese Prozesse und Umbrüche, all dies Metall und dieser Schrott, all das wird in der Komposition untersucht auf seine Tauglichkeit als musikalisches Material, zur Generierung von Form und von Klang.

^Inh 1.4 Thema Drei: Das Fünfte Brandenburgische

Eine weitere Grundtechnik bei der Definition der Hintergrund-Struktur eines Werkes besteht darin, einen bekannten Corpus der Musikgeschichtezum "Gegenstand" des Werkes zu machen, also zum Thema und Materialgenerator.

Das "Cembalo als solches" wird folglich repräsentiert nicht nur durch seine physikalische Anwesenheit und die Geräusche, die bei seinem Zerschreddern entstehen (/würden), sondern vielmehr durch seine historische Manifestation in der Musikgeschichte. Dafür steht (und bildet so quasi ein "drittes Thema") das "Fünfte Brandenburgische Konzert" BWV 1050 von Johann Sebastian Bach, -- allgemeiner Anschauung nach das "ersten Klavierkonzert der Musikgeschichte".

Ein ganzes Spektrum unterschiedlicher Verhaltensweisen wird zu diesem Werk eingenommen: Ganz zu Beginn, im ersten Satz, stehen "bach-ähnliche" Motivfragmente (die aber in Wahrheit von Messiaen sind !). Im zweiten Satz wird ein konkretes Motiv aus der Kadenz des ersten Satzesvon BWV 1050 schrittweise "fließbandmäßig" zusammengesetzt, im dritten Satz hingegen Zitate aus einer Plattenaufnahme des zweiten Satzes "eingescmolzen":

Im vierten Satz fräst und bohrt der Solist aus einer durchgehenden Trillerkette mit Hife verschiedenartigster akustisch präsenter Werkzeute schrittweise ein Zentralmotiv (des Kandenz-Themas des ersten Satzes von BWV1050) heraus.

imtakt endet, nach einem vergeblichen Versuch einer Studio-Einspielung des Bach, und nachdem der Aufnahmeleiter den armen Solisten durch alle möglichen und unmöglichen Tonarten gehetzt hat, mit der "wörtlich" notengetreu vorgetragenen "Kadenz", jedoch in Oktavlage und Manualverteilung "halsbrecherisch" uminstrumentiert.

Am Anfang, am Ende, und in der Mitte steht "Bach", --- aber in stets anderer Funktion und unterschiedlicher Deutlichkeit.
Auch das gewährleistet Zusammnenhalt.

^Inh 2 Zur Aufführung

^Inh 2.1 Bühnenaufbau und Elektronik

Folgend der Grundmetapher gibt es zwei je vierkanalige Beschallungsräume, siehe Abbildung Abbildung 1 :

Die Kanäle eins(1) bis vier(4) bilden eine Diagonale auf der eigentlichen Bühnenfläche. Diese realisiert in den Sätzen eins bis drei einzelne Stationen eines von hinten nach vorne laufenden Fließbandes. Das Cembalo ist in dieses Setting als eine von sechs Stationen integriert, die Station zwischen erstem und zweitem Kanal ist ein "Dummy"- Lautsprecher, dessen scheinbare Ausgabe durch Mischung des Signals auf die Kanäle eins und zwei realisiert ist. Auf diesen kann verzichtet werden.

Schema der Aufstellung der Lautsprecher
Abbildung 1: Schema der Aufstellung der Lautsprecher

Die Kanäle 5(fünf) bis 8(acht) bilden den "normalen" Vierkanalraum der akademischen "elektronischen Musik".

Von diesem Grundschema sind durchaus Varianten möglich:
So kann z.B. bei kleinen Sälen auf den Lautsprecher fünf (5) verzichtet werden, und dessen Signal mit der eins(1) wiedergegeben werden. Dies, obwohl der Lautsprecher fünf(5) bei bisherigen Aufführungen entweder wesentlich weiter hinten stand, also vom Fließband entfernt, oder vorne "an der Rampe", und so deutlicher der "Saalbeschallung" zugehörig.
(Nummer sechs(6) muß allerdings so stehen wie eingezeichnet, da mehrfach Geräusche sich von Lautsprecher zwei(2) oder drei(3) "nach hinten rechts weg" bewegen müssen.)

Hingegen können in grüßeren Räumen durchaus mehr Lautsprecher verwendet werden. Besonders die Kanäle fünf(5) bis acht(8) können, wenn sie "Totalen" wiedergeben, wie das R-Band zu Beginn, oder das V-Band im dritten und achten Satz, gerne mehrfach verdoppelt werden.
Gerade in ungewöhnlichen oder gar selbst schon (ehemals) industriellen Aufführungsräumen sei der Gestaltung da keine Grenze gesetzt.

Unverzichtbar ist einzig, daß die Abfolge der "Fließbandstationen" in den Sätzen eins bis drei eindeutig nachvollziehbar bleibt. Dies würde bei einer Positionierung der Spielfläche z.B. im Zentrumeiner Fabrikhalle, also umringt von Zuhörern (eine prinzipiell durchaus reizvolle Vorstellung) durchaus eine Herausforderung bedeuten.

^Inh 2.2 Das Cembalo

Das Cembalo muß ein "modernes" Instrument in Stahlrahmenbauweise sein, also der Bauart "Neupert Bach" oder ähnlich [neupert.] Allemal muß es folgende Eigenschaften haben:

  1. zwei Manuale.
  2. Umfang jeweils kontra-F bis dreigestrichen-g
  3. oberes Manual: eigener Achtfuß und Vierfuß
  4. unteres Manual: eigener Achtfuß und Sechzehnfuß
  5. Lautenzüge für XXXX ??? FIXME
  6. Koppel unteres Manual auf oberes.
  7. Alle vier Register und die Koppel mittels Pedalen steuerbar

Dieser Typ von Cembalo ist mit dem Aufkommen der "historischen Aufführungspraxis" zunehmend in Mißkredit geraten, nicht zuletzt wegen seines starren und allzu gleichmäßig-"machinellen" Tones. Gerade das aber wird in vorliegendem Werk benötigt, denn gerade das ist es ja, wogegen die Satzweise, die Elektronik, der Interpret und die Komposition als ganzes gemeinsam ankämpfen! (con-certare!!)

^Inh 2.2.1 Verstärkung

Das Cembalo muß verstärkt werden. --- je nach Satzzusammenhang unterschiedlich stark. Dazu reicht ein(1), besser zwei(2) in den Innenraum tauchende Mikrophone. Die Wiedergabe des Signales soll in der Nähe des Originalsignales erfolgen, also z.B. auf Lautsprecher drei(3). Im achten Satz allerdings, im "Fabrik-Total", kann auch das Soloinstrument, das da ja nur noch im tiefsten Baß rumrührt, auf den gesamten Raum geroutet werden.

Die Verstärkung und Mischung kann über das laptop erfolgen (EDIROL Eingang, supercolliderschaltung, EDIROL Ausgang, s.u., Abschnitt 2.3 ("Die Band-Einspielungen, ihre Synchronisierung und ihre Pegelung ")), da die Latenzzeiten sich als hinreichend klein erwiesen haben.

Kontaktmikrophone am Resonanzboden wären evtl, besser, weil die Verstärkung mit Luftmikrophonen bald an die Grenze der Rückkopplung stößt. Dies ist aber bisher noch nicht ausprobiert worden.

^Inh 2.3 Die Band-Einspielungen, ihre Synchronisierung und ihre Pegelung

Das ursprüngiche Setting sah drei Tonbandmaschinen vor: eine Vierkanal-Bandmaschine "V" für die durchlaufenden "Fließband"-Sätze eins bis drei, und für das (unsynchronisierte) "Fabrik-Total" am Schluß. Dazu zwei Zweikanal-Maschinen, genannt "L" und "R". Diese spielten eine Folge von relativ kurzen Einzel-Takes, die vom Interpreten mit Fußschaltern links und rechts neben den Pedalen nach seinem eigenen Timing gestartet werden. Bei der Realisierung mit Bandmaschinen stoppten diese durch auf die Takes jeweils folgendes Klarsicht-Band.
Zusätzlich mußte damals immer ein "telcom rauschunterdrückungssystem" für alle acht(8) Kanäle tranportiert werden, --- alles zusammen ne ganze Menge Metall !

Die heutige Realisierung spielt alle diese Takes vom Laptop-Computer aus ein. Dazu gibt es eine Reglerbox ("Evolution UC-33e USB/MIDI controller", [uc33).] Diese sendet Midi-Signale an eine "supercollider"-Schaltung (siehe [supercollider).] Diese wiederum enthält sound file player devices "DiskIn" als digitale Entsprechung der erwähnten drei Tonbandmaschinen, und gibt diese mit einem "EDIROL UA-101" 10-Kanal USB Audio Interface wieder ([edirol).] Dieses Interface nimmt auch das Mikrophonsignal für die Cembalo-Verstärkung entgegen. Die Schiebe- und Drehreglern der Midi-Box dienen zum Einpegelung der eingespielten Takes und der Verstärkung. Zwei Tasten der Midi-Box sind auf Klinkenbuchsen herausgeführt. An diese werden die Fußschalter (simple Lichttaster) für den Cembalisten angeschlossen.

Die ehemaligen Tonbänder liegen als 2- oder 4-kanalige ".wav"-Dateien vor, mit 24 bit und 48 kHz. Statt der Klarsicht-Bänder gibt es je eine "audacity"-Datei, die die einzelnen Takes mit "Marken" versieht. Mit der Funktion "mehrere Dateien folgend den Markierungen exportieren", werden so für "V-", "L-" und "R-Band" jeweils so viele Einzeldateien erzeugt, wie diese Takes enthalten. Diese werden dann von der supercollider-Schaltung abgespielt.

(Durch Verschieben dieser Marken vor dem Exportieren könen die Einzeltakes, besonders was die Länge ihres Vorlaufes angeht, wenn nötig relativ einfach auf die Bedürfnisse des Interpreten angepasst werden. Ja, selbst die Binnenstruktur kann bei einigen Takes beeinflußt werden, z.B. bei "L17", dem Schallplattenknacken, der sich anch dem vom Interpreten gewählten Tempo richten sollte.)

Die Raumverteilung wird ebenfalls von der Automatik übernommen und muß nicht mehr von der Live-Klangregie kontrolliert werden. Ausnahme ist der ganze letzte Satz, wo die einzelnen Bandsignale ja dynamisch geroutet werden, nämlich zunächst auf allen Kanälen, aber dann Schritt für Schritt alle auf einen einzigen Lautsprecher zusammenführt.

Nicht zuletzt deshalb ist es nach der Umstellung auf digitale Wiedergabetechnik nun möglich, das Stück mit einem(1) einzigen Tonmeister zu fahren. Eine interaktive Klangregie ist aber nach wie vor unverzichtbar. Diese muß auf die akustischen Verhältnisse des Raumes reagieren, und auf die immer mehr oder weniger unterschiedliche relative Phasenlage der einzelnen Einspielungen zueinander, wie sich aus der Tastenbedienung des Cembalisten folgt.

Bezgl. der Dauer der "Mittagspause", mehr aber noch im letzten Satz, wo die Raumverteilung dynamisch wird, und ein überaus langsamer Ausblendungsprozess das Ende des Werkes realisiert, wird der Klangregisseur dann zum gleichberechtigten Interpreten.

Ganz abgesehen von dieser künstlerisch-interpretativen Tätigkeit kann er eingreifen, wenn sich durch technische und menschliche Fehler in der Take-Reihenfolge etwas verheddert. Dieses Eingreifen ist nun, da nicht mehr entfernt aufgestellte Bandmaschinen im Nebenraum sondern ein stilles Laptop vor seiner Nase die Kontrollmöglichkeit realisiert, natürlicherweise viel einfacher, ja, teilweise überhaupt erst möglich.

So wäre es prinzipiell heute ohne große Schwierigkeit ausführbar, daß einige der Zuspieltakes des L- und R-Bandes nicht mehr vom Interpreten qua Fußschalter, sondern vom Tonmeister per Knopfdruck gestartet werden. Obwohl ein solches Vorgehen teilweise der dramaturgischen Situation entspräche (gespielte Überrascht-heit des Cembalisten durch scheinbar unkontrollierte Ereignisse würde erstzt durch tatsächliche Überraschtheit des Instrumentalisten), haben wir bisher davon Abstand genommen, weil die Wahrscheinlichtkeit und die Folgen von Mißverständnissen ("machst Du das? neee, DEN macht Du, erst den NÄCHSTEN mach ich !!!") als zu hoch eingeschätzt wurden. Besser: sämtliche L-/R-Takes kontrolliert von demselben Beteiligten! Da allerdings ist der Cembalist die einzig mögliche Wahl, --- allein schon wegen des fünften Satzes, der eine sechzehntelgenaue Synchronisierung erfordert.

^Inh 2.4 Video

In einigen Sätzen liegen wesentliche Merkmale der Satzstruktur, und damit auch zentrale Momente der sportlich-virtuosen Leistung des Interpreten, in "komponierter" Handhaltung und Manualverteilung. Um diese überhaupt nachvollziehbar zu machen, werden im ersten und letzten Drittel des Werkes die Manuale mit Videoprojektion wiedergegeben und so allen Zuhörern sichtbar gemacht.

Bei den ersetn Aufführungen geschah dies durch Monitore, die in der Verlängerungslinie der "Fließband-Boxen" an der Bühnenkante aufgestellt waren, quasi "am Fußpunkt des Lotes", und so integraler Bestandteil der Bühnenskulptur wurden.
Bei der Wiederauffuhrung in einem Kirchenraum wurden das Bild hingegen auf die Orgel projiziert (allerdings auf die relativ ebene Fläche des geschlossenen Schwellwerk-Kastens), was eine wiederum andere dialektische Kontrapunktierung von "Hand", "Manual" und "Register" darstellte.

Der Autor ist gerne bereit, die verschiedensten Arten der visuellen Präsentation zuzulassen, z.B. mehrere Projektoren, verschiedene Projektionsflächen, Einfärbungen, oder auch zwei verschiedene Varianten für das erste und das letzte Drittel.

^Inh 3 Anmerkungen zu den einzelnen Sätzen und Einspielungen

Der folgenden Text versucht einerseits einen kurzen Einblick in die Faktur und intendierte Bedeutung der jeweiligen Sätze zu liefern, ohne dabei zu erschöpfen. Dabene bringt er diverse caveats, die bei den bisherigen Aufführungen auffielen.

^Inh 3.1 Erster Satz

FIXME MORE TO COME !!!

^Inh Bibliographie

[neupert]
Fa. J. C. NEUPERT GmbH & Co KG
NEUPERT-Cembalo "Bach"
Bamberg, 2010
[.htm]
[lepperKompals]
Lepper, Markus
Komposition als Disposition von Datentransformation und Sprachdesign
Essen, 1999
ISBN 3-89206-948-4

[supercollider]
Super Collider Group
SuperCollider real-time audio synthesis and algorithmic composition
theWeb, 2010
[.net/]
[uc33]
M-Audio company
UC-33e --- USB-MIDI-Controller
theWeb, 2010
[.html]
[edirol]
Roland Corp.
UA- --- Hi-SPEED USB AUDIO CAPTURE
theWeb, 2010
[.html]




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