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(/ website of) Markus Lepper, Berlin
2022-08-24_18h09
Susanne Lepper, 29.7.1975 bis 3.8.2022
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Meine liebe kleine Schwester Susanne ist tot.
![]() Aber dass sie überhaupt noch lebte, hat uns alle überrascht und beglückt. Noch vor ihrem ersten Geburtstag wurden bei ihr Entwicklungsstörungen beobachtet, die sich sehr bald durch eine äußerst ernste Diagnose erklärten: Erste normale Entwicklungsschritte, das Lallen aus dem eigentlich das Sprechen werden sollte, erste vorsichtige Schritte im aufrechten Gang, kamen bald ins Stocken oder bildeten sich deutlich zurück: Das Gehen wurde zum Krabbeln, und bald war schon nicht mehr das freie Sitzen möglich. Ihre einzige Fortbewegungsart war das Herumliegen. Sie konnte, das war ein großes Glück, zumindest Schlucken, so dass auch um- und vorsichtige Ungeübte sie füttern konnten und durften. Ihre einzige Betätigung war das Rappeln mit ihren verschiedensten Räppelchen. Damit gab es auch sofort ein geeignetes Geburtstags- und Weihnachtsgeschenk, wovon alle, Familienmitglieder, Freunde, Kollegen, auch ausgiebig Gebrauch machten. Was aber gar nicht so einfach war: eine Ausführung zu finden, die schön viel Geräusch machte aber nicht zu schwer oder gar kantig war, weil Susanne sich ihre Räppelchen immer gerne vor die Zähne haute. Der Vorteil dieser ihrer ausgeprägten Leidenschaft: Man wußte immer, wo sie gerade saß oder lag.
Schlimm waren wirklich die durch ihre Krankheit verursachten schweren
"Grand Mal" epileptischen Anfälle: Das Zucken, Versteifen und Von-sich-Werfen
aller Gliedmaßen, die erst scheinbar angsterfüllten leisen Hilfeschreie, die
zu lautem, durchdringenden Kreischen der Verzweiflung wurden, als blickte
sie in den Abgrund der Hölle. Das dauerte
minutenlang, hilflos standen wir daneben, das Einzige um ihr zu helfen und
uns selbst zu beruhgen war, sie in den Arm zu nehmen und leise zuzusingen,
in der Hoffnung, dass das bei ihr ankäme.
Die Frequenzen und Dauern dieser Anfälle schwankten sehr über die Jahre, -- wenn sie garnichtmehr aufhörten gab es als letztes schwere Betäubungsmittel. Das Einzige was meine Schwester Susanne also scheinbar konnte war Rumliegen, Rappeln, Schlucken und Leiden.
Sie schien also ein "vollkommen lebensunwertes Leben" zu führen, nur Belastung
zu sein, für alle Beteiligten, aber auch in erster Linie für sich selber.
Dankenswerterweise ist es nicht nur eine rein emotionale oder ethische oder sonstwie
schwammige Überzeugung, sondern vielmehr hart-objektiv nachweisbare Tatsache,
dass das nicht nur falsch ist, sondern vielmehr sogar das Gegenteil wahr:
Und all das nicht nur durch ihr rein-abstraktes einfaches Da-und-So-Sein, sondern durch ihre ganz eigene konkrete Persönlichkeit selbst: Sie war der unbestrittene Mittelpunkt fast aller größeren Kreise; fast jeder liebte sie; sie war ein richtiger "Star". Fast niemand, der sie nicht gerne gefüttert oder herumgeschoben hätte. Fast jeder freute sich, wenn sie zur Tür hereinkam, fragte, wenn die Familie mal irgendwo ohne sie ankam, wo sie denn bliebe. Selbst zurückhaltendste oder gar frostige Menschen kamen nicht umhin. wenigstens teilweise aufzutauen, wenn sie diese anlachte.
Denn das konnte sie: Sie lachte in einer Intensität, die man teilweise
als übertrieben, ja hysterisch, auffassen wollte, die aber so sein musste
als das emotionale Gegengewicht zu den Schrecken ihrer Anfälle, die
wir niemals werden ermessen können.
Aber ihr Lachen, das überzeugte jeden.
Ich vermisse sie überhaupt nicht, weil wir uns oft genug wiedersehen werden, in jener wahren Realität, die man gewöhnlich und zukurzgreifend Traum nennt -- in Wahrheit das verheißene ewige Leben. Als maximale Lebenserwartung waren Ihr von der Wissenschaft achtzehn Jahre zugestanden, -- sie hat mit Lebensmut und Lebensfreude siebenundvierzig daraus gemacht. Ich werde stets dankbar bleiben für das große Geschenk, das ihr Leben für mich war. Und für alle, die das Glück hatten, sie erleben zu dürfen. |
(Fast ein Portrait ist der dritte Satz meiner Ersten Sinfonie.)
NEU:
Elfte Sinfonie fertig, siehe
Klangbeispielseite
.
(Sehr empfehlenswert, weil sie nur 23 Minuten dauert !-)
NEW:
Eleventh Symphony completed.
You can here it on the
sound sample page.
(Please listen, its only 23 minutes !-)
NEU:
Der Verlag "Die Blaue Eule" hat offensichtlich, ohne seine Autoren davon zu
benachrichtigen, die Flügel gestreckt.
Deshalb ist mein erstes und immer noch relativ wichtiges Buch
Komposition als Disposition von Datentransformation und Sprachdesign
nicht mehr lieferbar.
Die Rechte sind somit an mich zurückgefallen, es ist
ab jetzt HIER im Netz frei lesbar
(unter CC-SA-NC-BY) und herzlich zur Lektüre empfohlen.
An dieser Stelle finden Sie ...
Weiterhin ...
(PS: Zusammen mit der Navigationsleiste links sind hier übrigens vier(4) Frösche ;-)
Here you'll find ...
Furthermore ...
(PS: Together with the navigation frame on the left, there are four(4) frogs ;-)
made
2022-05-24_11h25
on
washington
markuslepper.eu
produced with
eu.bandm.metatools.d2d
and
XSLT
zur Information:
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